Schulden NEU DENKEN zum Lesen

Spacer Image
Eine Person sitzt an einem Holztisch mit Kopfhörern und Mikros in einem Podcast-Studio und schaut auf einem Laptop, wo der Gast über Video zugeschaltet ist.

In Folge 2 des Podcasts spricht Maja Göpel mit Michael Hüther über Schulden

 

— Transkript: Der Podcast im Volltext —

Maja Göpel
Schulden. Mit dem Wort verbinden wir automatisch immer irgendwie was Negatives. Als wär irgendwas schiefgegangen, als hätte man irgendwas nicht richtig gemacht oder nicht richtig im Blick gehabt. Wäre auf andere angewiesen. Dabei ist doch sowas wie Kredite aufnehmen was ganz Normales. Also ich möchte gerne etwas in die Welt bringen und dann brauche ich eben einen Vorschuss.

Was entsteht also, wenn wir Geld ins Spiel bringen, wer stellt das zur Verfügung und wollen wir darüber als reine Verschuldung sprechen oder ist es vielleicht eine Investition? Wer bestimmt das eigentlich und wie können wir das besser sichtbar machen, damit wir uns einig sind, wann wer Geld in die Hand nehmen sollte, um Dinge für uns und die Zukunft bereitstellen zu können.

Mein Name ist Maja Göpel, ihr hört NEU DENKEN, den Podcast von Mission Wertvoll. Heute zum Thema Schulden – oder sollten wir lieber Investitionen sagen? Diese Frage diskutiere ich mit Michael Hüther. Er ist Direktor des Instituts Deutscher Wirtschaft und ein ganz besonders qualifizierter Kandidat, weil er einmal, 2009, sich für die Schuldenbremse ausgesprochen hat, und dann aber in den Kommissionen saß, die gesagt haben, Leute, wenn sich die Welt komplett verändert, dann müssen wir auch Entscheidungen aus der Vergangenheit mal in Frage stellen dürfen.

Herzlich willkommen.

Michael Hüther
Herzlichen Dank für die Einladung.

Maja Göpel
Michael, du hast ja eine längere Laufbahn zwischen auch Beratenden oder auch Praxisakteuren und der Wissenschaft hinter dir. Warst mal Bankdirektor, aber an verschiedenen Lehrstühlen auch und bist unter anderem auch noch Adjunct Professor an der Stanford University, aber eben vor allem seit 2004 jetzt Direktor und Mitglied des Präsidiums des Instituts der Deutschen Wirtschaft in Köln.

Du warst an den unterschiedlichsten Gremien dabei und hast vor allem auch deine Position geändert, was ich dir wahnsinnig hoch anrechne, weil es gibt ja einige, die behalten für immer und ewig auf einer Position. Und dann gibt es eine Realität, die verändert sich eben fundamental. Und da sind ja diejenigen, sagen, ich gucke mal erst auf den Kontext und überlege dann, welches Mittel zum Zweck ist vielleicht heute relevant. Die sind mir unheimlich sympathisch und statt dass sie sagen immer das gleiche Mittel wird irgendwie zu den gleichen Ergebnissen führen. Das heißt, wenn du uns da so bisschen auf diese Reise mitnimmst.

Michael Hüther
Ja, das will ich gerne machen. Es hat ja ganz viele Dimensionen, wenn wir über Schulden reden. Es gibt Länder, in denen das gar kein Thema ist. Und es gibt die deutsche Gesellschaft, in der es ein besonderes Thema ist, was man wiederum nur verstehen kann, weil diese Gesellschaft im Gedächtnis in sich trägt, dass sie zweimal im 20. Jahrhundert Hyperinflation erlebt hat. Das gibt es in der Form in keiner anderen Gesellschaft. Ich kann mich noch selbst erinnern, mein Großvater, Jahrgang 1906, hat nach dem Ende der Hyperinflation 1923 ein ganzes Zimmer in dem Fachwerkhaus seiner Eltern mit Inflationsgeld tapeziert.

Maja Göpel
Ja, Papier.

Michael Hüther
Das habe ich noch gesehen. Heißt, da bist du reingekommen, da hab ich als Kind geschaut. Ja, Inflation war emblematisch. Sie gehört auch in den Schulbüchern dazu, dass die Inflation 1923 mit dem Verbrennen von Geld endet, das vernichtet wird. Dann haben wir wieder Inflation gehabt und dann ‘48, aber anders bildlich dargestellt, am Schalter, man kriegt 40 DM in der ersten Runde. Also Ermöglichung.

Warum sage ich das? Weil daraus ergibt sich in Deutschland eine große Aversion gegen Schulden, weil man hinter diesen Inflationen jeweils Staatsschulden gesehen hat. Zurecht. Es war die Kriegsfinanzierung im Ersten Weltkrieg, die Kriegsfinanzierung im Zweiten Weltkrieg. Die hohen Schuldenbestände haben die Währung ihres Wertes beraubt, wenn man so will. Und das, was sie eigentlich leisten soll, das ist ja ein absurder Vorgang, dass ein Blatt Papier, das ich da in der Hand habe oder in meinem Portemonnaie, dass ich daraufhin, wenn da 50 Euro draufsteht, etwas für 50 Euro in realen Größen erwerben kann. Die Leute glauben ja auch nicht, dass das werthaltig ist. Das muss man in Deutschland, glaube ich, immer sehen.

Und dann ist es ja auch richtig, dass man mit öffentlichem Geld sinnvoll umgeht und dass Schulden in Relation zur Leistungsfähigkeit sind. Das gilt ja für jeden irgendwie. Also was ich mir leiste oder was du dir überlegst, wann bis heute oder wie lange das trägt, verlangt ja unterschiedliche Antworten. Wenn ich ein Haus kaufe, ist das eine andere Zeitperspektive, die auch eine andere Zeitperspektive der Finanzierung mit sich bringt. Anders als wenn ich eine Hose kaufe oder ein Hemd. Das ist Deutschland manchmal beim öffentlichen Bereich schwierig zu vermitteln gewesen, weil dann nur auf die Schulden geschaut wurde.

Das hat mich immer schon ein bisschen irritiert. Ich habe damals sehr wohl gesagt, es war richtig, eine Veränderung der Verfassungsregel vorzunehmen. Die ist ja nicht neu. Wir hatten ja immer schon Verfassungsregeln zur Verschuldung. Es gab schon in der Weimarer Zeit…

Maja Göpel
…oder europäische Kriterien.

Michael Hüther
…es gab von ‘49 im Grundgesetz. Eigentlich war ganz einfach. Der Bundeshaushalt ist in Einnahmen und Ausgaben auszugleichen und für werbliche Zwecke, gemeint war Investitionen, kann mit Kredit finanziert werden. Da haben wir jetzt schon die zentrale Antwort. Also alles, was über mehrere Perioden, wie wir Ökonomen ja im klassischen Argument sagen, Leistung abgibt, kann auch über mehrere Perioden finanziert werden. Wäre ja sonst unsinnig, denn dann würde zu wenig passieren. Und das ist halt in Deutschland passiert. Wir haben, grob gesagt, seit dem Anfang des Jahrtausends sehr viel weniger im Schnitt für öffentliche Investitionen gemessen an Bruttoinlandsprodukt ausgegeben als alle anderen Europäer oder selbst in den USA.

Und irgendwann merkst du das halt in der Infrastruktur, der Qualität, in dem Leistungsvermögen, vor allen Dingen, wenn mehr Menschen im Land sind und mehr Menschen bestimmte Leistungen auch beanspruchen. Das kam ja noch Hand in Hand. Und deswegen war meine Überlegung 2019, das geht alles nicht mehr auf. Wir können mit dieser Schuldenbremse, die investitionsblind ist. Also nicht so richtig fragt, was ist der Zweck der Finanzierung, warum nehme ich den Kredit auf und nur den keynsianischen Gedanken witzigerweise in sich hat. Also den traditionellen Gedanken, der war ja mit diesem 0,35 am BIP enthalten, naja, das war ja mehr oder weniger griffen und wir wissen aus den Verhandlungsdokumenten im Vermittlungsausschuss auch Zufall.

Aber es ist aus dem Blick geraten, dass man für Investitionen sinnvollerweise diesen Finanzierungsweg wählt und das wieder ins Bewusstsein zu rufen in einer Zeit, wo wir erstens durch die Dekarbonisierungs-Notwendigkeiten, durch die Klimaneutralitätsziele 2045 umbauen müssen. Wir müssen ja mehr tun als gewöhnlich. Wir nehmen ja Kapitalstock aus der Nutzung, nicht weil er abgeschrieben ist, sondern weil er klimaschädlich ist. Das (sind) ja zwei unterschiedliche Dimensionen.

Maja Göpel
Und manchmal gehen sie Hand in Hand.

Michael Hüther
Wir verändern den Kapitalstock. Manchmal ja, aber bei manchen ist es auch so, dass sie einfach nur nutzbar wären. Aber in der anderen Bewertung, in der ökologischen Bewertung halt nicht. Und deswegen machen wir das. Das machen wir aus gutem Grund. Und das machen wir auch mit Zeitvorgaben, weil wir von den Klimaforschern wissen, Mitte des Jahrhunderts ist irgendwie Schicht. Da müssen wir diese Netto-Null erreicht haben, müssen wir uns dem annähern, damit wir auch die Erderwärmung da in Grenzen halten können.

Und wenn das das eine ist und wenn zum anderen eine alternde Gesellschaft daraus betroffen ist, wenn wir gleichzeitig feststellen, wir haben doch noch ein Ausgangsproblem, weil die Infrastruktur schon verschlissen ist, dann war mir nie klar, wie man das aus einem Steuerhaushalt finanzieren kann.

Eine Person mit Kopfhörern in Hemd und Blazer sitzt an einem Mikrofon und hört zu.

Maja Göpel
Ja. Ich wollte mal kurz ein paar Bilder machen, weil ich fand, da waren jetzt einige Segmente drin, die wahnsinnig wichtig waren. Erst mal ist dieses Kredit über Zeit zu denken. Also selbst beim Hauskauf verschulde ich mich ja, ich nehme ein Kredit auf, aber bin in der Annahme, dass ich dann zum Schluss ja einen Wert an sich habe, nachdem ich den Kredit getilgt habe, und aus dem heraus ich wahrscheinlich, wenn wir uns so zumindest die Entwicklung von Immobilienpreisen angucken oder von Wohnraum sogar auch noch positiv raus gehe und auf dem ich dann auch noch handlungsfähig werde. Also ich habe dann ja quasi eine mir persönliche Infrastruktur geschaffen, die mir mehr Freiräume gibt und auf die ich aufsetzen kann.

Also, diesen Gedanken über die Zeit wird eine Schuldlast zurückgezahlt und dann einen Mehrwert generiert. Die kennen wir eigentlich. Und dazu ist ja der zweite Punkt aber so wichtig, dass die Analogie Haus bei mir zu Hause und was starten können, zwar immer noch gerne in Talkshows bemüht wird, aber ja auch nochmal anders sich verhält. Weil ich muss den Kredit 100 Prozent so tilgen und kann nicht einfach Geld drucken, in Anführungsstrichen.

Und was wir tragischerweise versäumt haben, die Investitionen aus öffentlicher Hand vorzunehmen, als wir noch bezahlt wurden dafür, hätte Deutschland Geld aufgenommen. Also es war ja diese nach den Finanzkrisen, diese Idee, wie kriegen wir das alles wieder stimuliert? Das heißt, Deutschland hätte sich es vergolden lassen können, die Kredite aufzunehmen, um die eigene Infrastruktur zu sanieren. Das wäre ein Double-Win gewesen. Das muss man erst mal schaffen.

Michael Hüther
Das zu ignorieren, das muss man schaffen. Genau.

Maja Göpel
Genau. Und dann jetzt zu sagen, das ist ja dann auch parteipolitisch, finde ich, mühseligerweise kodiert. Also dann waren es vermeintlich drei Parteien, rot-rot-grün, die das alles machen wollen. Und die anderen sind die vernünftigen, die nicht mit dem Geld um sich schmeißen wollten und die die Wirtschaftskompetenz haben. Da mich dann bisschen gestolpert irgendwann in der Debatte und habe gedacht, Mensch, können wir wenigstens die Parteilogik weglassen. Das hätte es einer CDU jetzt natürlich auch leichter gemacht, sinnvolle Dinge umzusetzen, ohne dann einer Kehrtwende bezichtigt oder richtigerweise sie diagnostiziert zu bekommen.

Das heißt, wie kann es sein, dass sich das so festbeißt? Weil die Betrachtung, also die haben ja mehrere gemacht und auch die Beratung hat es ja gemacht. Also was hätten wir in der Kommunikation und in der Form, wie man es nach vorne, wer hätte es vielleicht nach vorne bringen müssen, damit da früher gehandelt wird?

Michael Hüther
Naja, du kannst ja sagen, dass ich von meiner Funktion ja schon einer bin, der das auch mit dem mutigen Schritt 2019 gemacht hat. Nur die Reaktion war ja interessant. Es war ja nicht so, dass sie gesagt haben, also einige schon, also ja, meinst du wirklich? Interessant, dass du das sagst. Dann lass uns mal darüber nachdenken. Aber häufiger kam eher die Reaktion, ja bist du jetzt auch bei den anderen?

Maja Göpel
Genau.

Michael Hüther
Also dann merkt man…es gibt ja ein schönes Buch, die Ökonomen als Glaubensgemeinschaft. Und das ist eigentlich das, was nicht mein Bild von Ökonomie oder Ökonomik und dem Verhalten von Ökonomen sein sollte. Wir sind keine Glaubensgemeinschaft, obwohl wir natürlich ein paar Grundannahmen machen. Wie müssen wir auch reden? Also das verantwortungsfähige Individuum und was weiß ich.

Aber ansonsten müssen wir doch bei solchen Fragen pragmatisch gucken, hilft das, hilft das nicht? Was ist das Ziel? Was will die Gesellschaft eigentlich? Und da muss man ja sagen, also pass mal, so wird es ein bisschen schwierig. Natürlich musst du Sicherheitsgurte anlegen und es ist ja auch grundsätzlich nicht schlecht, eine Schuldenregel in der Verfassung zu haben, wenn man sich anschaut, dass die Vereinigten Staaten in kurzer Zeit, von 2008 bis jetzt, ihre Schuldenstandsquote verdoppelt haben und jetzt eigentlich so unter Druck stehen, da sieht man sozusagen, wenn man einfach zu viel tut, wenn man es nicht sinnvoll tut, wenn man fragt, wozu eigentlich der Staat in den USA sicherlich auf der Steuerseite unterfinanziert ist.

Also die Steuersenkungen der Reagan-Ära wirken ja langfristig nach, da ist der Staat ja fiskalisch in die Schieflage gekommen und jetzt dazu führt, dass man einen Präsidenten hat, jenseits all der Seltsamkeiten, die man von ihm nimmt, aber sozusagen die Strategie ist, diese Schulden entweder zu verstecken oder die Notenbank zu verprügeln, um die Zinsen zu senken oder Auslandsgläubigern sagen, du hast demnächst zwar noch das Papier in der Hand, aber kriegst keinen Zins mehr. Das muss man sich alles mal überlegen. Also das ist genau das, was wir natürlich nicht wollen, sondern zu überlegen, was ist eigentlich die Struktur unserer öffentlichen Ausgaben und Aufgaben, die wir damit erfüllen.

Maja Göpel
Damit sind wir wieder bei investiv-konsumptiv. Kannst du das mal runterholen? Kameralistik Doppik, das ist ja auch immer mal so Wort, das wird so rumgeschlagen. denk ich, was denn jetzt? Weil das ist ja auch wichtig, ein positives Image, also zu sagen, wir bauen damit ja etwas, entsteht ja etwas, da wird Volksvermögen, wenn du so willst, aufgebaut, weil Infrastruktur, Daseinsvorsorge fällt ja alles da rein. Würdest du das noch einmal schön so formulieren, dass sich da keiner mehr ins Boxhorn leiten lässt?

Michael Hüther
Naja, wir haben es eigentlich nicht geschafft, diesen Gedanken wirklich bildlich, wie du es so schön sagst, zusammenzubringen. Denn das, was der Staat investiert, wird ja auf einem anderen Konto, nämlich was wir Ökonomen Bruttoanlagevermögen nennen oder nennen das einen Vermögensbegriff, Staatsvermögen, ja zugebucht. Und dieses Staatsvermögen kann aber auch schrumpfen, wenn eine Brücke, weil sie zerbrochen ist, abgängig ist, wie wir das nennen, dann wird das reduziert.

Also, es gibt einen Zugang, es gibt eine Bruttogröße und dann gibt es einen Abgang und dann haben wir Netto-Größe und die Veränderung haben wir ja auch gesehen. Das ist zum Teil haarscharf gewesen, jedenfalls die Entwicklung nicht mehr so, wie es zureichend ist. Und wenn wir halt nicht mehr investieren, weil es die fiskalischen Bedingungen unter den gegebenen Schuldenregeln schwer machen und dann nicht die eine Antwort gilt, die dann die Kollegen, dann ganz fest beim Glauben stehen, gesagt haben, da muss man halt mal anders priorisieren. Das ist doch keine Antwort eines Ökonomen.

Ich meine, die Priorisierung des Staatshaushalts ist immer Ausdruck der parlamentarischen Situation. Das Budgetrecht ist das elementare demokratische Gestaltungsrecht, das im Parlament verankert ist, das ist sozusagen die Programmatik staatlicher Tätigkeiten. Da ist auch, da kann man immer nur als Ökonom sagen, das hat diese Wirkung, das hat jene Wirkung, aber es obliegt uns nicht. Ich kann mich nicht hinstellen und sagen, ein anderes System löst mein Problem. Wenn ich dir eine Tür zu betoniere, durch die du nicht mehr gehen kannst, kannst du nur den Flur lang gehen und kommst am Ende nicht mehr raus. Und das ist ja hier geschehen.

Also insofern muss man einfach noch fragen, wenn das investieren, das zu Möglichkeiten für mehrere Generationen führt, ein gemeinsames Handeln im Land einfacher macht. Also Infrastruktur ist auch anders gesprochen, eine Bereitstellung öffentlicher Güter, die uns das Miteinander erleichtert. Wir können leichter zusammenarbeiten, weil wir leichter durchkommen, weil wir schneller zueinander kommen, weil wir schneller kommunizieren können, weil wir verlässliche Energiesysteme haben, können wir das auch permanent machen.

Also, wir haben damit eine Möglichkeit, uns zu integrieren miteinander. Und das ist doch das große Versprechen und das ist halt kein Konsum. Konsum ist, wenn ich, das kann man ja alles begründen, Sozialleistungen für bestimmte Dinge organisiere oder wenn Subventionen für bestimmte Unternehmen gezahlt werden, weil man etwas anregen will, eine Innovation in Gang setzen will. Aber da, wo es um Investitionen geht, müsste doch eigentlich das nicht so schwer sein, das zu vermitteln. Gelungen ist es dann am Ende nur unter dem Druck, das haben wir alle gesehen, Ende März unter dem Druck letztlich der parlamentarischen Mehrheitsverhältnisse.

Maja Göpel
Ja, genau. Und dann wurde die Zusätzlichkeit, war ja so ein wichtiger Begriff, wirklich auch zu sagen, das darf jetzt nicht in das Wahlversprechen halten im Sinne des Konsumtiven fließen, sondern wir wollen hier wirklich damit auch Dinge verändern. Bildung fällt mir da noch ein. Ist ja ganz klar eben, gerade wenn wir in Menschen, die noch nicht es so einfach gefunden haben, sich hier tatsächlich auch beruflich richtig einzumischen und aus ärmeren Verhältnissen kommen, weniger Unterstützung, wenn man da rein investiert wird, ist sogar ökonomisch immer eine positive Bilanz.

Und das, diese Zeitlichkeit, ist, glaube ich, etwas, was diesen politischen Zirkus nicht so liebt. Weil ich kann nicht zeigen, was ist hinten rausgekommen. Da ist so eine Brücke vielleicht sogar noch dankbarer, da kann ich immer das Bändchen durchschneiden, aber alles, so schwer in der Wirkungskette auf mein Konto einzahlt, da fällt es uns dann ein bisschen schwerer, sich dafür zu erwärmen.

Michael Hüther
Das bleibt ja auch abstrakt. Ich meine, wenn du sagst…nachweisen kannst, dass die Erwerbsbeteiligung von Migranten nach Deutschland zugenommen hat, dann ist es ja trotzdem erst mal eine abstrakte Größe. Wenn ich dir aber jemand nennen kann, und du hast in der Nachbarschaft jemanden, der ist dann und dann in dein Land gekommen, unter denen und jenen Bedingungen, der ist heute erfolgreich hier tätig. Das sind ja die positiven Geschichten.

Das ist so ähnlich wie die Brücke, wo ich das Bändchen durchschneide als Landrat, weil die dann jetzt wieder befahrbar ist. Und diese Geschichten haben wir ja auch verdrängt. Wir reden ja in bestimmten Themen dann eigentlich nur über die negative Seite. Aber ich wenn ich noch einen Punkt mal ergänzen darf. Was mich so gewundert hat, selbst wenn man ausgangsmäßig der Meinung ist, man ist skeptisch, ist eher auf der Seite, man findet diese Schuldenregel gut, wie sie ist, das ist ja alles auch legitim. Muss man doch trotzdem, finde ich, die Bereitschaft zur Diskussion haben. Und das hat auch nicht wirklich stattgefunden. Da sind wir mal ehrlich.

Du hast immer festgestellt, da wurden dann Meinungen vorgetragen, aber es wurden nicht Argumente ausgetauscht. Und wenn ich Meinungen vortrage, brauche ich nicht zusammenzukommen, weil die habe ich ja vorher schon zur Kenntnis genommen. Wenn ich aber Argumente austausche, auch im geschlossenen Raum auch das anzubieten, deswegen muss man auch den Parteien sagen, die in Verantwortung sind, sie sind nicht vorbereitet in diese Entscheidung gegangen.

Wenn ich mich aber selbst dem unliebsamen Gedanken annähere und ihn mal argumentativ durchleuchte, bin ich im gegebenen Fall handlungsfähig und muss nicht in Holter die Fee da irgendwie schnell was zusammenbasteln. Das ist ja das, was eigentlich doch sein muss. wenn man einfach Dinge negiert, irgendwann sind sie doch auf dem Tisch. Und das ist genau das. Wie kriegen wir Dinge vermittelt? Da muss ich auch sagen, da ich dann auch gescheitert, weil das wollten mir die zuhören, die das auch jetzt endlich mal von mir hören wollten. Aber das war eigentlich nicht das Ziel.

Maja Göpel
Ja, genau. Das ist immer wieder wirklich eine der ganz großen Herausforderungen. Also wie kommen wir aus diesen sogenannten Lagern raus? Wer mag wem überhaupt noch zuhören? Ich finde das aber, wenn man das so beobachtet, waren das immer Durchbrüche. Also ich weiß noch, als zum Beispiel Christoph Schmidt damals, ich glaube, er war noch im Sachverständigenrat Wirtschaft und Ottmar Edenhofer, der eben stark für die Umwelt- und Klimathemen stand, die haben gemeinsam einen Vorschlag erarbeitet, wie kann man denn eigentlich ein Klimageld organisieren.

Das war so…Die wurden typischerweise wahrgenommen in unterschiedlichen, in Anführungsstrichen, Lagern. Und dann wurde zugehört. Oder wenn du und Marcel Fratzscher ja typischerweise, wird er eben in einem SPD-Institut oder linken Institut geparkt. Wenn dann einfach ganz sachlich geschaut wird, brauchen wir eine neue Rechtsform, wie das Verantwortungseigentum, würde das etwas befreien.

Oder eben dann, als ihr bei den Schuldenvorschlägen, Schuldenregelvorschlägen, jetzt tatsächlich ja sogar vier Ökonomen dann irgendwo am Tisch hattet aus unterschiedlichen Instituten, da hatte ich schon den Eindruck, konnte aus der Wissenschaft das bewegt werden, dass man gesagt hat, nee, also wir haben keine Lust mehr, dass ihr uns da so zuteilt, weil, und das ist ja der Anspruch, wir gucken uns…also Wissenschaften als Angebot der besten Antworten auf die Fragen unserer Zeit. Aber da muss ich die Fragen ja auch erstmal anständig beschreiben. Sonst komme ich immer mit der gleichen Antwort, egal ob die Welt und die Fragen jetzt gerade noch die gleichen sind.

Michael Hüther
Und wenn das Fragestellen schon als Abwegigkeit vom Glaubensbekenntnis gesehen wird, dann haben wir eine Schwierigkeit. Dann kommen wir in der modernen Gesellschaft nicht voran. Genau das müssen wir tun. Manchmal ist es vielleicht auch so, dass größere Gruppen und gerade auch Gesellschaften pathologisch lernen. Also es muss immer so irgendeine Situation erreichen. Der Druck muss …

Maja Göpel
Oh, das ist aber jetzt vorsichtig formuliert.

Michael Hüther
Ja, ja, das ist ein Zitat, der Sachverständige hat das mal im Jahresbericht gesagt, es gäbe manchmal den Eindruck, als würden Gesellschaften Neigung zum pathologischen Lernen haben. Ich glaube, es ist sehr unterschiedlich. Es gibt immer auch wieder Situationen, in denen man Schritte aus breit akzeptierte Erkenntnis nach vorne geht, das gibt es auch, aber es ist halt nicht durchgängig und gelegentlich so bei bestimmten Themen…ich meine ein anderes Thema, Maja, das hat ja auch was mit Schulden zu tun, in einer anderen Form, wie gehen wir mit dem demografischen Altungsprozess um? Das kann man ja einfach ganz nüchtern…

Maja Göpel
Das merken ja jetzt auch alle, dass es sich zuspitzt.

Michael Hüther
… nüchtern durchdiskutieren, kann sagen, also nach vorne hin betrachtet fehlen uns zwei Millionen Menschen Ende der Legislaturperiode unter Einschätzung einer Zuwanderung, wie wir in letzten Jahren hatten. Das bleibt hier nicht viel. Wir können über Produktivität reden und dann kann ich über Arbeitszeit reden.

Maja Göpel
Ja, das wird der nächste große Block, glaube ich auch. Ich würde noch mal ganz kurz bei einem anderen, den wir gerade nach vorne geschoben haben, auch noch mal den Unterschied zwischen Sondervermögen und Schuldenbremse. Da ging es ja so hin und her, welche Ausgaben packen wir jetzt in welches Instrument. Kannst du da noch mal kurz die Unterschiede beschreiben und warum jetzt die Militär- oder Rüstungsausgaben oder Sicherheit? Wir haben es ja noch erweitert, das Konzept, das es eben auch Cyber und Infrastruktur interpretiert hat, mit einzuschließen. Was war die Idee dahinter? Warum würde man das eine Instrument wählen oder das andere Instrument? Und haben wir es jetzt in die richtigen Töpfe geschoben?

Michael Hüther
Also fangen wir bei den Infrastrukturinvestitionen an. Da finde ich das mit dem Sondervermögen den richtigen Weg, weil er transparent ist. Und deswegen hat jetzt zum Beispiel der Bundesfinanzminister auch so eine Art Investitionsmonitoring-Beirat, der das auch begleiten soll, in der Diskussion auch klarzumachen, was ihr da macht, ist jetzt gerade nicht im Sinne dessen, was eigentlich am Ende der Vorparlamentsphase noch ins Grundgesetz hineingeschrieben wurde, also die Zusätzlichkeit zu ermöglichen.

Wenn ich das in normalen Haushalt überführe, bräuchte ich eine ganz andere Regel. Deswegen war zum Beispiel bei dieser Viererrunde, die du erwähnt hast und die werde ich deshalb nie vergessen, weil wenn ja Rheinländer, am Abend von Altweiberfastnacht war, wo wir zusammen geschaltet waren, Moritz Solarek, Jens Südekum und Clemens Hust, haben wir eigentlich gesagt, es gibt jetzt keinen Zeitpunkt für eine grundlegende Reform der Schuldenbremse. Also, wenn ihr was macht, was schnell geht und was wirksam ist, es ein solches Sondervermögen für die Infrastruktur.

Das Gleiche hatten wir eigentlich auch vorgeschlagen bei der Verteidigung. Es gibt ja für die Verteidigung ein Sondervermögen mit 100 Milliarden. Nach dem Kriegsbeginn der Russen gegen die Ukraine ist das ja von der Bundesregierung auf den Weg gebracht worden. Die Opposition hat mitgemacht, zu Recht. Wir haben gesagt, das kann man aufstocken, denn eigentlich müssen Verteidigungsausgaben im Gegensatz zu Investitionsausgaben aus dem Steuerhaushalt finanziert werden. Das ist das, laufende Bereitstellung von Sicherheit ist. Also irgendwie kann man alles als Investition begreifen, aber sinnvollerweise ist das eigentlich durch Steuern zu finanzieren.

Jetzt kann man sagen, okay, wir haben eine Friedensdividende uns ausgezahlt, die müssen wir jetzt irgendwie nachfinanzieren, weil die Bundeswehr nicht in dem Zustand ist, in dem sie sein müsste, plus dem Gedanken, dass die Amerikaner ihre Schutzleistung nicht mehr so für Europa bringen werden, also müssen wir einfach mehr ausgeben, müsste man irgendwann auf diese drei, dreieinhalb Prozent am Brutto-Inlandsprodukt wieder hochfahren.

Das war übrigens auch der Anteil am Bundeshaushalt zu Helmut Schmidts Zeiten, der für Verteidigung ausgegeben wurde. Also, das geht schon. Und da hat die Bundesregierung, da hat die dann noch künftige Koalition, SPD, CDU, CSU, ja den Weg gefunden einer Bereichsausnahme, alles, was oberhalb von ein Prozent am Bruttoinlandsprodukt an Verteidigungsausgaben wird nicht angerechnet auf die Verschuldung.

Maja Göpel
Bisschen ja ein Blankoscheck.

Michael Hüther
Das ist politisch attraktiv. Und Friedrich Merz hat dann von einem whatever it takes, ne, wir erinnern uns an Draghi. Das passt hier schon, weil ich habe keine Begrenzung nach oben hin. Und in der gegebenen Situation kann man das geopolitisch, außensicherheitspolitisch auch begründen. Wir geben dem Aggressor das Signal, also es wird uns fiskalisch nichts hemmen. Trotzdem finde ich, muss sichergestellt werden und das müsste in der Diskussion um die Reform der Schuldenbremse im Weiteren betrachtet werden, dass man eigentlich diesen Bereich wieder in den Normalhaushalt überführt. Das muss aus dem Steuerhaushalt möglich sein.

Maja Göpel
Ja, ich merke, ich stolper da auch immer mal wieder ein bisschen drüber, weil die Infrastruktur bereitstellen und sagen, wir brauchen hier eine funktionierende Grundlage, funktionierende Bundeswehr. Aber jetzt diese massiven Ausgaben, die würde ich ja fast ins Konsumtive rechnen, weil sobald wir sie benutzen, die viele Munition, die jetzt hergestellt wird, ist ja kaputt. Das unterscheidet sie eigentlich davon, von Brücken und anderem, dass wir dann erhalten. Es ist, im Grunde genommen machen wir etwas, das wir destruktiv einsetzen und dann ist es auch weg.

Michael Hüther
Naja, genau, das ist ja auch richtig. Du kannst ja sagen, nimm 50 Millionen, die hast du zur Hand und die eine Möglichkeit ist, du baust eine Brücke. Das verringert die Staukosten, macht die Volkswirtschaft, die Integration leichter bei den Akteuren, die in der Region relevant sind. Du nimmst die gleichen 50 Millionen, kaufst da einen Panzer für. Dann steht er da, der hat nur einen Einkommenseffekt, weil er…das Einkommen des Produzenten damit steigt und der Arbeitskräfte darin. Aber er hat keinen Kapazitätseffekt auf die volkswirtschaftliche Leistungsfähigkeit, denn der Panzer sichert nur rein sozusagen als Drohkulisse. Also unsere Situation, wenn die Brücke volkswirtschaftlich wirksam ist. Ich habe einen Kapazitätseffekt geschaffen und der ist ja dann auch das Argument, was über die Zeit hinweg genau das Kreditfinanzieren legitimiert. Bei der Verteidigung eigentlich nicht.

Maja Göpel
Und dazu, das war mir jetzt einfach so ein richtiger Dorn in der Debatte, dass es dann hieß, wir müssen jetzt die Nachhaltigkeitstaxonomie um Rüstungsausgaben erweitern. Also ich kann verstehen, dass es schwierig ist, wenn Banken nicht investieren dürfen, wir haben ja so was wie einen Notfall deklariert. Also es aber eine Notwendigkeit, da rein jetzt zu investieren. Aber das dann nachhaltig zu labeln, da hab ich gedacht, Leute, jetzt hört doch mal auf. Also wir sind uns doch auch alle einig, dass es jetzt in dem Bilanzieren gedacht ein Regrettable ist. Also eine Bedauerlichkeit, wo wir uns freuen, wenn wir diese Ausgaben auch wieder lassen dürfen. Also das kann ich ja nicht als Wachstum verbuchen.

Deshalb ist auch diese ganze Debatte, endlich wächst die Wirtschaft, weil wir das ausgeben, finde ich hoch prekär. Ich würde sagen, es ist gerade notwendig und wir würden sehr gerne die Arbeitskräfte, das Geld und auch die Ressourcen in etwas anderes stecken, was einen nachhaltigen Effekt hat. Aber bitte nicht jetzt alle Labels ad absurdum führen, nur um den Banken zu ermöglichen, da jetzt reinzugehen. müssen wir eben sagen, das ist eine Notfallsituation, da gibt es jetzt eben Ausnahmen.

Aber gleichzeitig auch, neulich bin ich über so eine Zeile im Handelsblatt gestolpert und hab gedacht Leute, jetzt, Sekunde mal. Also da müssen wir auf die Erzählungen, mit denen wir agieren, wirklich aufpassen. Die größte Bedrohung für die Shareholder von Rheinmetall ist nicht der Frieden in der Ukraine, sondern der Wettbewerb, weil 28 Prozent Marge auf Munition gerade so attraktiv ist. Da hab ich gedacht, wo bin ich denn jetzt gelandet? Also, wie kann man die Welt so beschreiben? Erst mal de facto richtig, aber das ist natürlich schwierig.

Michael Hüther
In solchen Übergangs- und Korrekturphasen muss man wieder Orientierung finden. Und natürlich hat die Taxonomie hier auch gar keine Bewandtnis, weil sie soll ja eine gewisse Unterstützung der Transformation durch eine Orientierung der Finanzinvestoren mit bewegen, jenseits des CO2-Preises und der Regulierung, die da wirkt und der industriepolitischen Signale, die da gesendet werden. Aber es muss natürlich Banken möglich sein.

Man wird auch fragen müssen, ob uns das gefällt oder nicht. Gibt es Möglichkeiten wieder, dass Universitäten aus der zivilen Überlegung heraus Forschung betreiben, die letztlich militärisch nutzbar sind. Ich meine, wenn wir über die Frage reden, was ist eine Ausrüstung, damit einer, der uns verteidigt, möglichst überlebt, dann finde ich, da kann man auch drüber nachdenken. Das ist auch eine wertvolle Forschung. Da ändern sich halt die Dinge. ich glaube, wir vergessen so bisschen, dass Gewöhnung eingetreten ist. Gewöhnung an die Friedensdividende.

Wir sind geprägt von dem Satz von Richard von Weizsäcker am 3. Oktober 1990, von nun ist Deutschland nur noch von Freunden umgeben. Naja, die Welt hat sich halt etwas anders dargestellt. Wir haben im Osten den Freund nicht mehr, die Russen. Manche denken er ist es immer noch, ist er nicht. Das ist der imperialistische Aggressor. Und wir haben in USA nicht mehr den wohlwollenden Hegemon, der mal ebenso aus seinen Steuergeldern seinen Schutzschirm über uns aufspannt und darauf reagieren wir jetzt.

Das haben manche noch nicht, glaube ich, in der ganzen Breite gesehen, was es bedeutet, aber es genau wie du sagst, eigentlich würden wir es gerne nicht tun. In einer schönen Welt würden wir es gerne nicht tun und die haben uns in der denkbar schönen Welt eingerichtet mit der Friedensdividende und jetzt müssen wir das leider korrigieren. Es hilft leider nichts. Das ist so, wie es ist.

Maja Göpel
Ja, ich finde, die Punkte sind ja immer wieder eigentlich die gleichen. Also wie betrachten wir die Dinge? Was tatsächlich, ich fand, neulich hast du das in einem Interview beschrieben, auch in der Migrationsdebatte. Was ist der richtige Erfolgsindikator? Es kann ja nicht sein, dass die Reduktion der Geflüchteten für uns erfolgreiche Migrationspolitik ausmacht.

Also erstens ist ja unser Einfluss daraus, aus welchen Bedingungen Menschen flüchten relativ gering. Fluchtursachenreduktionspolitik wäre gut. Also, dass wir uns anders noch mal zum Beispiel mit dem afrikanischen Kontinent zusammen tun und überlegen, wie kann die Kooperation aussehen. Aber erstmal, wenn Menschen flüchten, haben sie erstens ein Menschenrecht, wenn es nachweislich dort nicht mehr anders ging. Und zweitens, wenn sie da sind, sind sie halt erst mal da.

Und wenn sie einen Anspruch haben, dann geht es ja darum, Migration, das beschreibt ja dann auch gleich schon, ein Ankommen ist damit drin, und wir brauchen zusätzlich die Person, dann ist doch Integration eigentlich der wertvolle Indikator, auf den wir gucken müssen, selbst wenn es uns erst auch mal was kostet. Also da ist ja wieder das Gleiche, guck ich, als einen reinen Kosten-… Da gibt es ja auch wilde Modelle, die sagen, ich glaube, 12.000 Euro pro Kopf sind Flüchtlinge netto positiv. Also da habe ich schon ganz interessante ökonomische Rechnung gehört, wo ich da…

Michael Hüther
Ja, das kann man natürlich alles rechnen, durch Wertschöpfungsbeiträge und so. Aber das hat mich wirklich auch irritiert, weil du ansprichst, dass man sich eine Diktion hat aufdrängen lassen. Und zwar wirklich hier auch vom rechtsextremen Rand. Weil alle dann über die Begrenzung, natürlich muss Migration gesteuert werden. Jedes Land steuert Migration, weil es ein Zugangsrecht gibt. Das ist ein souveräner Staat, der darf das auch entscheiden.

Aber am Ende messe ich doch Migrationspolitik am Erfolg der Integration. Das war mein Punkt. Ob ich die Menschen so hier integriert habe, die hier aus unterschiedlichen Gründen ihren Weg gefunden haben. Es gibt die Erwerbsmigration im Rahmen des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes seit 2020. Das Beste, da waren sie dann ganz stolz drauf in der neuen Regierung, dass sie jetzt den Begriff Begrenzung eingeführt haben. Das stand früher schon mit drin.

Das Gesetz dient der Steuerung und Begrenzung der Migration. Ich mein, Steuerung impliziert eigentlich, dass ich irgendwie auch sage, irgendwann geht es, oder es geht nicht. Das darf auch jede Gesellschaft aufschreiben im Rahmen der völkerrechtlichen Bedingungen. Aber dass sich die Diskussion so in diesem Punkt verankert hat, der Erfolg ist die Reduktion von Flüchtlingsströmen, das macht eigentlich klar, dass wir das andere gar nicht mehr diskutieren. Und dass wir vor allen Dingen auch gar nicht schauen, was wir da für Probleme einheimsen. Denn dann die andere Seite führt dazu, die reagiert dann so, dass man gar nicht sagen darf, es gibt halt da auch Erfolgsmuster und es gibt Misserfolgsmuster.

Es gibt tolle Integrationsgeschichten, und die erzählen dir dann aber auch, ich kann dir sagen, so sagt mir einer, ich kann dir noch meinen, der ist mit mir, der sitzt heute noch im Flüchtlingsheim, ist mit mir vor zehn Jahren gekommen. Und dass wir dann nicht darüber reden, warum sitzt der eigentlich noch da? Berechtigterweise der andere, der sich einen Weg gemacht hat, ärgert sich über, dass der da noch sitzt und sich einen, nicht schön, aber irgendwie einen Lenz macht, sonst wird er’s ja anders machen. Wir sind da nicht ambitioniert, weil wir genau die Frage nur noch auf die Menge konzentrieren und nicht die Frage stellen, was müssen wir eigentlich tun? Du hattest es vorhin anderen gesagt, mit Integrationsangeboten, mit Sprachangeboten, da kürzen wir da denen die Mittel, statt das als Kerninstrument zu sehen.

Maja Göpel
Anerkennung von Abschlüssen und solche Geschichten. Es gibt ja viele absurde Geschichten, dass die Leute da gar nicht sitzen möchten, viel lieber mitwirken würden. Und dann gibt es diesen und jeden Aufwand und Vorwand und Bürokratie. Und, glaube ich auch, da gibt es an vielen Seiten, wenn man will, ganz andere Wege zu finden. Und da habe ich auch wirklich Sorge darum, wie verkürzt der Ausschnitt dessen, worüber reden wir eigentlich, schnell wird, wenn man es zu klein fasst.

Ich würde dir gerne noch ein Beispiel reinjagen, was ich mir nämlich angeguckt hatte im letzten Buch, was wieder so ein bisschen auch ist, was ist negativ, also Verschuldung und was ist positiv konnotiert mit Investment, das war Bürokratie. Also da hören wir ja auch die ganze Zeit, alles ist schlecht, was mit Bürokratie zu tun hat und vergessen ein Stück weit, dass das ja auch Regelhaftigkeit, Standards, Setzung etc. zu der Vergewisserung, dass wir uns an bestimmte Dinge halten und dass sie für alle gelten. Das ist ja auch ein Gedanke der Bürokratie, dass das etwas Gerechtigkeitsorientiertes und vor allem auch Qualitätsorientiertes mit sich bringt.

Und ich hatte mir dann noch mal angeschaut, wie denn eigentlich diese Zahlen zusammenkommen, diese 1,6 Milliarden, die dann in den Überschriften rum transportiert werden, als Bürokratieaufwand. Es gibt nämlich nur den Aufwand. Ist wie bei den Schulden. Nur der Aufwand wird benannt, aber nicht so richtig, was ist denn dabei eigentlich entstanden. Und warum hat die Politik in dem Moment reagiert? Und das ist ein Standard, der ist auch vorgegeben aus der Statistik. Aber du kannst nur berechnen, was ist der Aufwand in Zeit und in Kosten für drei Gruppen, also einmal die BürgerInnen, einmal Verwaltung und einmal Wirtschaft. Und dann wird eben geschaut, wie viel das Einführen dieser Vorgabe jetzt die einzelnen Gruppen gekostet hat. Und ich bin dann wirklich gestolpert, weil ich diese Kosten angeguckt habe.

Möchtest du raten, was die größten Kosten gewesen sind? Weißt du es vielleicht sowieso von den letzten paar Jahren, wo wir wirklich halt Bürokratieaufwand dann nur draufschreiben würden und sagen, das muss sinken Einführung des Mindestlohns. Ganztagsbetreuung. Das sind Dinge, die werden dann nur als Bürokratieaufwand gemessen. Und da muss ich mich fragen, wo ist denn der Bürokratieertrag? Wir sind uns ja hoffentlich alle einig, dass das nicht nur wünschenswerte Entwicklungen sind, sondern mit Sicherheit sowohl für die Bevölkerung als auch für die Wirtschaft einen unheimlichen positiven Effekt gehabt hat, wenn ich weiß, meine Kinder sind betreut, ich kann arbeiten gehen, sie werden einen Bildungsgerechtigkeitsbonus wahrscheinlich bekommen, wenn sie ähnlich wie die anderen betreut und angeleitet werden.

Und da frage ich mich dann auch, wie kriegen wir das besser hin? Und dieses Abschaffen von übersteuerten, kleinteiligen oder du musst alles in Papierform ausfüllen und dann noch an drei, vier Stellen – geschenkt. Aber das sind ja eigentlich Effizienzsteigerungen innerhalb eines sinnvollen Korridors, wo wir hinwollen. Und dann kann ich ja aber nicht sagen, es ist Bürokratie-monstrisch, wie wir das dann auch gehört haben, wenn man einen Flottengrenzwert einführt. Wo man sagt, könnt ganz technologieoffen jetzt bestmöglich bitte auch, wenn ihr E-Fuels habt, Verbrennermotoren, whatever, einführen. Und dass eine Folge nur ist, weil vorher die Selbstverpflichtung nicht funktioniert hat. Also da ärgert mich das auch so.

Also da müsste man ja auch mal fragen, warum ist die Politik immer blöd, wenn die an vielen Stellen ja erst reagiert hat, wenn das Aufklären, das Bilden, das Selbstverpflichten nicht ausgereicht hat. Und das kann man in den Gesetzentwürfen lesen, aber das kommt in der Debatte nicht vor. Also das steht ganz deutlich drin in den flotten Grenzwerten. Wir sind jetzt zu dieser Maßnahme veranlasst, weil diese Selbstverpflichtungen nicht zu den CO2-Reduktionen geführt haben. Und deshalb, warum ist die Politik immer schuld und warum können wir nur die Aufwände angucken?

Michael Hüther
Spontane Anmerkung zu dem Beispiel. Du kannst natürlich auch einen anderen Weg wählen. Du hättest ja auch überlegen können, sehr viel früher schon die Mineralölwirtschaft in das Zertifikatesystem des European Emission Trading Schemes hineinzubringen und über den CO2-Preis diese Anreizstruktur für die Automobilhersteller zu verändern. Das wäre aus meiner Sicht auch viel wirksamer als so eine Flottenregulierung.

Also die Frage ist, ob dann die Flottenregulierung die richtige Antwort ist, das Ziel zu erreichen. Denn wir möchten ja den CO2-Emissionsgehalt der Mobilität senken. Und da muss ich doch fragen, also wenn das der andere Antriebsstrang ist, dann muss ich diesem anderen Antriebsstrang doch auch eine entsprechende Attraktivität zuweisen. Wenn es aber so ist, dass ich das 1,5-fache für 100 Kilometer fahren mit einem Benziner versus einem Stromer habe, wegen der hohen Stromkosten, dann klemmt es trotzdem.

Das heißt also, die Überlegung ist doch, da stimmt was mit der Preisstruktur nicht. Eigentlich hätten wir sehr viel früher den Mut haben müssen, über CO2-Preiswirkungen über Mineralölwirtschaft, also das über die Autoindustrie hineinzubringen. Das wäre aus meiner Sicht auch für die Automobilwirtschaft viel attraktiver gewesen, weil sie dann an deren Ergebnissen gemessen wird als an einer Flottenregulierung, die sie ja nicht wirklich im Griff hat. Aber insofern kann man immer fragen, ist das der richtige Weg?

Aber dein Punkt ist ja nochmal ganz bedeutsam am Anfang. Max Weber hat ja auch in seinem großen Buch Wirtschaft und Gesellschaft, Bürokratie und den Bürokraten als Element auch moderner Herrschaft beschrieben. Herrschaft jetzt im ganz neutralen Sinne, weil Willkürfreiheit hergestellt wird. Wenn der Beamte nach klaren Regeln alle gleich behandelt und nicht der, weil der halt ein größeres Portemonnaie hat oder was weiß ich oder aus anderen Gründen Vorteile hat, Einfluss gewinnt. Das ist ja der eigentliche Grundgedanke. Und jetzt müssen wir fragen, wie kriegen wir das hin?

Ich meine, was wir mal jetzt versucht haben, ist zu schauen mit welchen Ressourcen arbeitet denn öffentliche Verwaltung, einen gewissen Output zu erreichen. Da gibt es natürlich große Unterschiede. Also den Wettbewerb würde ich gerne sehen, dass Kommunen sich doch mal an den besten orientieren. Die haben alle, mehr oder weniger die gleichen Aufgaben, aber mit einer anderen Struktur ihrer Bevölkerung und ihrer Stadt, aber im Kern, im Schnitt haben sie alle mit den gleichen Dingen zu tun. Und deswegen kann man eigentlich feststellen, es gibt einige, die gehen da ziemlich fix und klug mit um und andere machen das halt nicht so. Und das, glaube ich, ist so etwas, den diesen Wettbewerb Spirit bei der Erfüllung der gleichen Aufgaben mit pfiffigen Lösungen. Das wäre ein richtiger Weg und da lernen wir, glaube ich, zu wenig. Wir gucken uns zu wenig die Masterpieces an, die es da so gibt.

Maja Göpel
…die wieder in Skandinavien sitzen. Immer.

Michael Hüther
Ja, nicht nur. Weißt du, wenn man viel im Lande so umhört ist, dann denkt man, es gibt so tolle..warum reden wir da eigentlich darüber nicht? Da fährste rum, denkst, kluge Kommunen, wie die das jetzt hier gemacht haben. Und diese Dinge kann man noch mehr in den Mittelpunkt stellen. Es ist natürlich so, dass es manchmal einfach Berichtspflichten gibt, bei denen die Frage, was die Berichtspflicht nun für eine Auswirkung hat relativ überschaubare Einsichten sich ergeben und dann fragen die Leute, ist jetzt diese Berichtspflicht wirklich sinnvoll? Das hat aber eigentlich gar nichts mit Bürokratie zu tun, sondern das sind Berichtspflichten, und darüber muss man überlegen wie weit das geht.

Es gibt einen anderen Punkt noch, man will natürlich auch ein bisschen Flexibilität trotzdem der Bürokratie erhalten, also wir nennen das Ermessensspielräume. Und Ermessen auszusetzen setzt aber voraus, dass die Beamtin der Beamte auch das Backing hat und nicht gleich mit einer Haftungsklage bedroht wird, wenn er dann mal gesagt, ich entscheide jetzt in dem Fall unter Abwägung Dinge so. Das muss ja auch möglich sein. Sonst haben wir so eine massive Risikoaversion aller Handel, alle nehmen die strengste Variante. Muss ja nicht zwingend sinnvoll sein. Insofern, was du als Diskussion über Bürokratie antriggersr, geht natürlich viel tiefer.

Und im Augenblick habe ich den Eindruck, diskutiert man vor allen Dingen darüber, ob man das Bürokratieabbau oder Bürokratie-Rückbau nennt. Ich muss da mal eine Germanistin fragen, was der Unterschied ist. Ich bin jetzt ein bisschen ketzerisch.

Maja Göpel
Ich würde sagen, lass uns mal Update nehmen. Weil wir wollen ja die Sachen, die wirklich nerven und verschlackt sind, weg. Also effizient, aber vorher einmal effektiv denken. Weil du eben beschrieben hast, ist ja dieses effektive Denken. Welche Ziele wollen wir erreichen? Welche, ja, genau. Und wie definieren wir diese Ergebnisse? Wie können wir die fassen? Und dann auch sagen, lass mal ein bisschen sportlich.

Dann wären wir wieder beim Investieren. Ich kann nicht nur Geld investieren, ich kann auch Wille investieren, sagen, ich finde da noch einen besseren Weg. Und warum ist das nicht honoriert? Und diese Kulturänderung oder Unterschiede, die ist in der Forschung zu Bürokratie tatsächlich auch einer der Unterschiede zu den skandinavischen, wo dieser Ermessungsspielraum, den du ansprachst, interessanterweise parallel zu einem niedrigen Korruptionslevel ist. Also das hat ja viel damit zu tun, habe ich verstanden, was der Mehrwert dieses Amtes ist und da sind ja diese Schutz vor Willkürthemen drin und Verbindlichkeiten drin und dann gleichzeitig zu sagen, das soll nicht rigide werden, sondern wir wollen immer wieder überlegen, wie können wir bestmöglich eigentlich die Wirkung von diesen Instrumenten auf diese Ziele hin anrechnen.

Das wäre ja insgesamt, dieses investive Denken oder entrepreneurial, unternehmerische Denken. Jetzt können wir zum Schluss noch ein bisschen dein Wünsch-dir-was gerne abholen. Also wie wünscht du dir, wenn wir überlegen, was jetzt ansteht fürs nächste Jahr, was sind wichtige Sollbruchstellen, wo wir mal versuchen, jenseits der Parteilogiken ehrlich zu sprechen? Und dann vielleicht, wen brauchst du dafür am Tisch?

Michael Hüther
Eine Diskussion, habe sie mit einem Hinweis eben nur getätigt, hat dies dringend nötig. Das ist, die Konsequenzen der demografischen Alterung für Wirtschaft und Gesellschaft. Und das wird immer gleich, wenn man irgendetwas ableitet, nach dem Motto, das ist jetzt ein Vorwurf gegen alle, also, die arbeiten zu wenig oder irgendwas. Das ist ja gar nicht gemeint. Ich habe eben das Beispiel genannt. Wenn ich nach vorne gucke, am Ende der Legislatur fehlen uns zwei Millionen Menschen. Da muss ich fragen, wenn ich dann ein Problem habe, dann habe ich weniger Einkommen, ich kann weniger verteilen, kann weniger investieren. Wie kriege ich das eigentlich hin?

Dann kann ich erstens schauen, wie kann ich Produktivität in diesem Land erhöhen? Und zwar, was wissen wir? Wir wissen vom Draghi-Report, Europa hat eine hohe Lücke gegenüber den Aber wir wissen aus dem Draghi-Report auch, wenn ich die Tech-Companies, die Tech-Branche rausnehme, gibt es die Lücke nicht. Dann gibt es den Nachteil Europas nicht. Also liegt es doch in dieser Branche. Also führt das zu der Frage, warum ist die eigentlich in Deutschland, in Europa viel weniger bedeutend als in USA und warum kriegen wir das nicht hin, deren Möglichkeiten, die sie uns ja bietet, in vielen Veränderungen auch zu mobilisieren. Also diese Diskussion, die dann dazu führt, zu Kapitalmarktfragen, zu Arbeitsmarktregulierungsfragen, mal so zu diskutieren, das nicht gleich heißt, du willst hier wieder irgendjemand was nehmen, sondern wir müssen einfach mal die Dinge ändern sich.

Und ich kann auch an der Debatte entlang doch fragen, wenn ein in der Schweiz ein Vollzeit-Erwerbstätiger 250 Stunden mehr arbeitet als in Deutschland – hat das ja Gründe, kann man sagen, es geht mir gar nicht gut und schlecht, aber es ist jedenfalls im Portfolio der Instrumente eins, wie die Zuwanderung eins ist, wie die Integration von Gewanderten, wie die Teilzeitquote vor allen Dingen bei Frauen ein Thema ist. Also, ich will nur einfach sagen, das wäre eine Debatte,…

Maja Göpel
…wie die Pflegeverfügbarkeit…

Michael Hüther
…die genau diese Breite, die diese Breite verdient, die du hier ansprichst, damit wir aus diesen Vorwurfmonologen rauskommen, die dann sofort repliziert werden. Und das ist ja darum, es geht, wenn wir uns hier mal gleich auf ein Argument und einen Vorwurf einhandeln, kommen wir ja nicht voran. Wir werden es nicht differenzieren, wir werden keinen Schritt weiter kommen. Dazu gehören halt ganz viele, dazu gehört natürlich das, was in der Wirtschaft, in Unternehmen unterwegs ist. Sozialpartner müssen sich diese Dinge nochmal anders annehmen. Das wäre in aller Mühe wert, mit entsprechenden Formaten einen Beitrag zu leisten.

Maja Göpel
Ich glaube, der Punkt, den du gemacht hast, den kennen wir auch aus der Forschung. Wirklich die Fairness-Gedanken und die Wirksamkeitsgedanken. Die Leute sind nicht doof. Es stellt sich das Gefühl an, auch kriege ich das manchmal zu hören, mach mal einfacher, simpler. Diese simplen Antworten, die kennen wir, die kommen aus einer Ecke. Meistens werden sie recht unfreundlich vorgetragen und die helfen weder in dem Vertrauen in die Politik, noch nehmen sie die Menschen wirklich ernst. Und die Wirkung… also habe ich eine Überzeugung, dass die Instrumente, die vorgeschlagen werden, die Wirkung entfalten können.

Das kennen wir ja aus der Klimadebatte hoch und runter. Also was da zum Teil vorgeschlagen wurde, kann einfach die Wirkung nicht entfalten, wenn man dieses Klimagesetz einhalten möchte. Und dann wird der Wissenschaft, die das zeigt und trägt, Ideologie vorgeworfen. Also das nimmt ja ganz seltsame Komponenten an. Das heißt, die Wirkung, wie können wir die darlegen, sodass es Vertrauen schafft? Und das andere ist, sind die Kosten und Nutzen fair verteilt. Also da ist tatsächlich auch entgegen dieser ganzen Ich, Ich, Ich nur, gucke nach mir selber, haben viele Menschen zu Buche gegeben, wir wollen wissen nicht nur, wie wirkt sich das auf meine Peers aus, finde ich das gerecht, vergleichen uns ja immer mit einer Subgruppe, wo wir uns ähnlich fühlen, aber tatsächlich auch für die, die nicht so gut situiert sind. Das ist ja erstmal schön.

Also wir haben das eigentlich in den Umfragen bestätigt, dass da eine soziale Sorge bzw. Bereitschaft zu gucken, dass niemand hinten runterfällt, immer noch gegeben ist. ​​Und das heißt, man kann ja diese Politikpakete, wo auch jeder dann am Tisch sitzt und jede Partei vielleicht was gibt, also Partei jetzt Bevölkerungsgruppe auch was gibt und was nimmt, das wäre doch eigentlich wieder ein Ansatz, anstatt dass jede einzelne Maßnahme aus dem Kontext gerissen für eine Bevölkerungsgruppe dann durchdiskutiert wird.

Michael Hüther
Ich habe den Eindruck, dass wir dann auch nicht mobilisieren, wenn wir diese Diskussion nicht führen, was es an Tauschmengen gibt. Also dass beispielsweise Leute sagen, ich habe gar nicht das Problem mit etwas mehr Arbeitszeit, aber wie wäre es mit höherer Arbeitszeitsouveränität und Arbeitsplatz-Souveränität. Das heißt, dann auf diese Tauschmengen zu kommen, über die man ja kluge Lösungen dann entwickeln kann, kommt man gar nicht, wenn man den Ersthinweis schon in einer gewissen Weise herausnimmt, und dann wird da keine Debatte draus. Das können wir uns eigentlich nicht mehr leisten. Wir haben dafür nicht die Zeit.

Wir haben eigentlich das Problem der progressiven Zeitverknappung, wenn ich mir anschaue, dass wir noch bis 20, 45, 20 Jahre haben. Oder nehmen wir die europäischen, sind 25 Jahre. Das Gleiche gilt auch, die Demografie ist auch definiert. Es gibt ja keinen Prozess, der besser prognostiziert ist als die demografische Entwicklung, weil die ja über die Effekte von Kindern, die nicht da sind, weil sie schon keine Mütter hatten, in diesem System durchwirken. Dieses wir ernst nehmen. Wir haben keine Zeit. Wir können uns keine Umwege erlauben, sondern wir können nur kluge Diskussionen führen. Und kluge Diskussionen sind einfach die, die man offen führt und dem anderen einen guten Willen zubilligt.

Maja Göpel
Ja, vielen Dank. Und auch zeigt, wie viel Verschuldung an zum Beispiel der nächsten Generation wir momentan mit dem Verschleppen einer Dekarbonisierung im Zweifel eben auch aufbauen. Also, ich nehme mit, vielen herzlichen Dank, aus diesem Gespräch, es lohnt sich, immer hinzugucken, welche Erfolgsmessungen wollen wir bei welcher Fragestellung nehmen. Haben wir die Fragestellung richtig gestellt? Passt sie in die heutige Zeit? Und wie passen wir auf, dass die Balance sowohl in der Zeitlichkeit als auch in der Ganzheitlichkeit so gelingt, dass wir möglichst viele Vorteile in den Blick bekommen. Ganz ganz herzlichen Dank.

Michael Hüther
Ich danke dir.

Maja Göpel
So, vielen herzlichen Dank fürs Zuhören. NEU DENKEN ist ein Projekt von Mission Wertvoll, einem Science-Society-Netzwerk, das sich den Chancen und Wegen in eine nachhaltige Zukunft verschrieben hat. Wie wir da hinkommen, das werden wir gemeinsam herausfinden, und deshalb freuen wir uns über eure Aufmerksamkeit, aber auch über Feedback oder Wünsche; Welche Themen ihr mal neu denken möchtet oder welche Gäste ihr dafür besonders prädestiniert findet. Wir haben dafür eine Email-Adresse eingerichtet die heißt neudenken-ät-mission-bindestrich-wertvoll-punkt-org. Hoffentlich bis auf ein nächstes Mal!

Projekte

Projekte

In den Medien

In den Medien

Was wir tun

Was wir tun